Heimatlos

Heimatlos

Wir ohne Heimat irren so verloren
und sinnlos durch der Fremde Labyrinth.
Die Eingebornen plaudern vor den Toren
vertraut im abendlichen Sommerwind.
Er macht den Fenstervorhang flüchtig wehen
und läßt uns in die lang entbehrte Ruh
des sichren Friedens einer Stube sehen
und schließt sie vor uns grausam wieder zu.
Die herrenlosen Katzen in den Gassen,
die Bettler, nächtigend im nassen Gras,
sind nicht so ausgestoßen und verlassen
wie jeder, der ein Heimatglück besaß
und hat es ohne seine Schuld verloren
und irrt jetzt durch der Fremde Labyrinth.
Die Eingebornen träumen vor den Toren
und wissen nicht, daß wir ihr Schatten sind.

-Max Herman-Neiße, keine genauen Angaben

Wenn Du auf den folgenden Link klickst, kannst Du das Gedicht anhören.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/frankfurter-anthologie/gedicht-interpretation-lesung-heimatlos-von-max-herrmann-neisse-12270746.html

Formale Analyse:

Das Gedicht besteht aus 16 Versen und einer Strophe. Das Gedicht ist ein Prosa Gedicht.

Es handelt sich um ein Kreuzreimschema, aber mit einer besonderen Struktur. Die Anfangs- und Schlussverse zeigen bis auf den letzten identische Reimwörter auf. Das Gedicht besteht aus fünfhebigen Jamben. Die Kadenz wechselt immer zwischen weiblicher und männlicher Kadenz.


Autor und Hintergrund:

Portrait

Abb. 1

Max Herman-Neiße ist 1886 in Neisse (Polen) geboren. Er hat von jung auf Gedichte und Theaterstücke geschrieben. Max Herman-Neiße ist kleinwüchsig geboren, deshalb wurde er von den meistens Mitschüler nicht akzeptiert.

Später studierte er in München Literatur und Kunstgeschichte. 1914 erschien sein erster Gedichtband. Vier Jahre später verliess Max Herman-Neiße München und zog nach Berlin.

1933 wurde der Reichstag in Berlin von den Nationalsozialisten angezündet. Das war wie ein Warnsignal für ihn und er wusste, dass er als provokanter Schriftsteller fliehen musste. Deutschland würde ihn nicht mehr dulden, deshalb reiste Max Herman-Neiße mit seiner Frau in die Schweiz, weiter über die Niederlande und Frankreich bis nach London aus. Wie er vermutete, wurden viele Bücher von ihm verbrannt.

Für den Rest seines Lebens blieb er in London, wo er 1941 starb.


Themenbezug:

Ich finde, dass der Dichter in seinem Gedicht verdeutlicht, dass Flüchtlinge ohne die Heimat nirgendwo richtig hingehören. Ohne Heimat gibt es keinen Halt mehr. Jeder braucht ein zu Hause, sonst irrt die Person, wie in einem Labyrinth. Über diese Aussage im Gedicht habe ich lange nach gedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass dies vollkommen zutrifft.

Für Max Herman-Neiße war es kein einfaches Leben, aufgrund seiner Kleinwüchsigkeit, wurde er nicht nur in Deutschland nicht akzeptiert, sondern auch in London hat er nie richtig dazugehört. Sein ganzes Leben war wahrscheinlich wie ein Labyrinth.


Quelle:

FAZ.NET, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/frankfurter-anthologie/gedicht-interpretation-lesung-heimatlos-von-max-herrmann-neisse-12270746.html, 19.11.2018, 16.30 Uhr

Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Herrmann-Neiße, 19.11.2018, 17.00 Uhr

Abb. 1: Stiftung Kulturwerk Schlesien,https://www.kulturwerk-schlesien.de/kulturlandschaftschlesien/literaturlandschaft/portraits-der-literatur/334.Max-Hermann-Neisse.html, 19.11.2018, 17.10 Uhr

2 Antworten auf „Heimatlos

  1. Hallo Carolin
    Ich finde deinen Blog wirklich super schön. Das Layout gefällt mir sehr und deine Bilder habe etwas zeitloses an sich, aber sie passen trotzdem perfekt zu den Gedichten und deinem Thema. Du hast allgemein sehr tolle und ausdrucksstarke Gedichte ausgewählt, welche die Lagen der einzelnen Dichter sehr gut schildern. Deine Interpretationen zeigen, dass Du dich wirklich mit diesem Thema auseinander gesetzt hast. Dieses Thema ist ein sehr modernes und wichtiges Thema zu dieser Zeit, jedoch auch schon in der Geschichte war es ein grosses Thema. Ich finde es mutig, dass du es ausgewählt hast. Mich hat es auch interessiert, was für Gedichte Du ausgewählt hast.
    Ich finde es toll dass Du jeweils ein Bild zu dem Autor hizugefügt hast, weil man so auch sehen kann wer wirklich hinter diesem Gedicht steckt. Dein ganzer Blog ist sehr übersichtlich gestaltet, man findet sehr gut alle wichtigen Sachen. Allgemein finde ich deinen Schreibstil sehr toll und man versteht gut was Du sagen möchtest.

    Mir ist aufgefallen dass Du einige kleine Schreibfehler gemacht hast (z.b. nicht akzeptier -> nicht akzeptiert.)
    ( alttäglich-> alltäglich)
    Mir ist sonst aber nicht wirklich etwas Grosses aufgefallen, ausser dass Dir manchmal noch im Text ein paar Wörter fehlen.

    Jedenfalls freue ich mich schon darauf deinen blog zu durchstöbern, wenn alles erledigt ist. Ich wünsche Dir noch viel Spass beim weitermachen.
    freundliche Grüsse
    Rebecca

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